Es waren harte Tage vor Weihnachten für die Deutsche Bank. Eine Razzia am Konzernsitz in Frankfurt, die Schadenersatzpflicht gegenüber den Erben von Leo Kirch, um mal nur zwei Ereignisse zu nennen. „Ich hatte schon schönere Weihnachten“, sagt denn auch ein Deutsche-Bank-Angestellter in einer mittelgroßen deutschen Stadt genervt. Stress. Ärger. Fragen der Kunden. Die Ereignisse kommen zur Unzeit. Zum einen hatten CEO Jürgen Fitschen und sein Co-Chef Anshu Jain im September einen Kulturwandel angekündigt. Zum anderen hat das Institut seit Juli eine Privatkunden-Kampagne laufen, in der Mitarbeiter der Bank mit handschriftlichen Statements um Vertrauen werben. Daran hält die Deutsche Bank auch weiterhin fest. Wie HORIZONT.NET erfuhr, werden in den Filialen noch im Januar neue Motive der Haltungskampagne zu sehen sein. HORIZONT.NET wollte in einer Umfrage von Markenstrategen wissen, wie sie die Lage bei der Deutschen Bank bewerten, welche Möglichkeiten das Marketing hat und was zu tun ist.
Herr Cyriax, ist das Image der Deutschen Bank durch die jüngsten Skandale nachhaltig beschädigt?
Das Ansehen und der gute Ruf der Deutschen Bank sind durch die aktuellen Skandale erheblich beschädigt.
Kann das Marketing hier gegensteuern?
Die Deutsche Bank hat kein Marketingproblem. Vielmehr liegen die Herausforderungen in einem fundamentalen Wandel der Unternehmenskultur. Es geht um andere Werte und eine veränderte ethische Haltung der Deutschbanker. Demut und Bescheidenheit statt Profit um jeden Preis. Bevor dieser Wandel im Inneren der Bank nicht glaubwürdig angestoßen und umgesetzt ist, würde jede Marketingkampagne zur Verbesserung der Außenwirkung das Gegenteil erzeugen.
Was raten Sie dem Institut?
Die Deutsche Bank sollte den angekündigten Kulturwandel ernsthaft in Gang setzen. Die Bank braucht neue Glaubenssätze. „Leistung aus Leidenschaft“ jedenfalls gehört ins Firmenarchiv. Im Veränderungsprozess sollte sich die Bank hierarchieübergreifend damit auseinander setzen, was ihr Antrieb ist, welche Ziele sie verfolgt, welche Moral und Ethik ihr Handeln bestimmen und wie sie unternehmerische Verantwortung im Tagesgeschäft umsetzt. Mit dem üblichen „Change-Getöse“ ist es allerdings nicht getan. Damit die Kulturtherapie gelingt, muss die Deutsche Bank bewusst ihre Komfortzone verlassen. Gefragt ist ein Prozess, bei dem es ans „Eingemachte“ geht.
Was bedeuten die Enthüllungen und das Verhalten des Topmanagement eigentlich für die Bankenbranche?
Die Deutsche Bank ist nicht irgendeine Bank. Sie ist eines der größten Finanzinstitute der Welt und Deutschlands einzige Bank mit globaler Präsenz. Die Deutsche Bank ist Deutschlands Bank. Ist ihr Image beschädigt, schadet das dem Vertrauen in die Bankenbranche in Deutschland und schädigt auch Deutschlands Ansehen in der Welt.