Das europäische Geschäft des US-Lebensmittelherstellers Kraft Foods erhält einen neuen Namen: Ab Oktober kommt Philadelphia-Frischkäse, Milka-Schokolade und Jacobs-Kaffee aus dem Hause „Mondelez International“. Die Namensänderung ist Folge der Teilung des Konzerns in ein nordamerikanisches Lebensmittelgeschäft und einen internationalen Zweig. Der Name „Mondelez“ ist eine Verschmelzung des lateinischen Wortes für «Welt» und eines fantasiereichen Ausdrucks für das Wort «delikat».
Hans-Ulrich Cyriax im HIntergrund-Interview zur Markenstrategie von Kraft und zum Markenaufbau von Kunstnamen (siehe hierzu auch Artikel in „Horizont“ 35/2012 vom 30.August 2012, Seite 11)
Kraft Foods spaltet sich auf. Philadelphia-Käse, Milka, Jacobs-Kaffee sind ab Oktober Marken von Mondelez International. Dafür hat das Unternehmen Argumente: zwei Unternehmen an der Börse, Abgrenzung von Geschäftsfeldern etc. Wie beurteilen Sie den Verzicht auf „Kraft Foods“ in Deutschland und Europa aus Markensicht?
Tomatenketchup kommt von Kraft, Heinz, Mc Donalds oder von Hela. Die Wettbewerber von Kraft in diesem Segment dürften sich über den Markenwechsel die Hände reiben. Auch bei der Werbewirtschaft und den Verpackungskünstlern sollten die Sektkorken knallen – es gibt was zu tun, und zwar reichlich. Das Argument, die Aufspaltung in zwei Firmen würde das Wachstum beflügeln, halte ich für sensationell. Früher hieß die Devise Wachstum durch Akquisition. Zukünftig soll es durch Trennung kommen – sowohl auf organisatorischer wie auf markenstrategischer Ebene. Wenn das der alte James Lewis Kraft noch erleben würde… Möge das Experiment gelingen.
Was halten Sie von dem Namen „Mondelez“ und grundsätzlich von Kunstnamen?
Die Markenpäpste haben wieder zugeschlagen. Man nehme die „Welt“, ergänze sie mit der passenden Assoziation – fertig ist die delikate Welt von Mondelez. An Kunstnamen muss der Kunde sich gewöhnen, letztlich eine Frage von Zeit und Geld. In meinen Ohren klingt Mondelez eher künstlich und blutleer. Dem Begriff fehlt die Kraft. Für den Börsenteil der Zeitung mag das unerheblich sein. Als Consumer Brand aber wäre Mondelez sicher schwer vermittelbar.
Mondelez soll keine „Consumer Brand“ werden, die Produktmarken, bspw. Cadbury, sollen im Vordergrund stehen. Es gibt heute aber auch gute Gründe, die Dachmarkenkommunikation nicht zu vernachlässigen. Was würden Sie dem Unternehmen empfehlen?
Mit dem Namen Kraft sind unmittelbar auch Umsätze verbunden. Die Firma ist gut beraten, strategisch klug zu handeln und mit aller Kraft auf die Produktmarken zu setzen. Nivea macht vor wie das geht, BDF oder Beierdorf spielt da auch keine große Rolle. Wenn die Umsätze stimmen und die Investoren glücklich sind, wird auch Mondelez ein Erfolg. Falls nicht, siehts schlecht aus für Konzernchefin Irene Rosenfeld.
Woran liegt es, dass Evonik oder Lanxess als Marken erfolgreich sind?
Wenn Unternehmen ein nachgefragtes Produkt haben, eine relevante Dienstleistung anbieten und klug in die Wertschöpfungkette ihrer Marke investieren, wird sich früher oder später jeder Kunstname am Markt durchsetzen. Dafür heißt es, eine Positionierung entwickeln, die Marke bekannt machen, ihre Reputation aufbauen, die Kaufbereitschaft stimulieren, den Vertrieb optimal ausrichten und die Kunden zufrieden stellen. Bei Evonik und Lanxess scheint das gelungen. Vielleicht fusionieren die beiden Marken ja demnächst, dann fängt der Markenaufbau wieder von vorne an.