Die BayernLB hat neue Führungsgrundsätze entwickelt. Im Dezember 2015 wurden sie vorgestellt und mit allen Bereichs-, Abteilungs- und Teamleitern diskutiert. Über die veränderten Anforderungen an Führungskräfte in der Bank sprechen Andreas Blank, Leiter Personalentwicklung, Christine Kumeth, Abteilungsleiterin für Aufsichtliches Meldewesen sowie der Unternehmensberater Hans-Ulrich Cyriax.
Was gab den Ausschlag für die Erarbeitung der neuen Führungsgrundsätze?
Blank: Das im Frühjahr 2015 verabschiedete Selbstverständnis ist die Grundlage für die neuen Führungsgrundsätze. Damit geben wir unseren Führungskräften Orientierung und erklären, was die BayernLB von ihnen erwartet. Schließlich fallen perfekt ausgebildete Führungskräfte nicht vom Himmel.
Cyriax: Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich zudem grundlegend verändert. Heute geht es um Empowerment, Kooperation und Eigeninitiative. Teams und Abteilungen sollen so geführt werden, dass Mitarbeiter ihr Potenzial voll entfalten können.
Wie werden die Grundsätze an die Führungskräfte vermittelt?
Blank: Wir haben die neuen Grundsätze mit unseren Führungskräften in insgesamt fünf hierarchieübergreifenden Workshops lebhaft diskutiert, sie so erlebbar gemacht. Gerade das „gegenseitige Lernen“, der direkte und persönliche Austausch, bietet Impulse und ist ein Hebel für Veränderung. Lediglich einen Leitfaden ins Intranet zu stellen wäre der falsche Weg.
Cyriax: In allen Workshops hat sich ein kritischer Diskurs entwickelt. Die eigene Führungspraxis sowie neue Anforderungen an Führung wurden auf der Grundlage der Grundsätze reflektiert und hinterfragt.
Kumeth: Diskussionsrunden bzw. Gruppenarbeiten hierarchieübergreifend zu führen war sehr konstruktiv! Wir Führungskräfte haben oft ähnliche Themen aber unterschiedliche Sicht- bzw. Herangehensweisen. Der Austausch ist angestoßen; mit meinen Kollegen spreche ich beim Mittagessen oder Kaffee immer noch weiter über die Workshop-Themen.
Mitarbeiter bemängeln, dass ihre Führungskraft nicht alle Informationen weitergeben. Wie lässt sich ein zeitnaher Informationsfluss über die Hierarchie-Ebenen sicherstellen?
Blank: Wir haben in den vergangenen Jahren schon einen guten Schritt nach vorne gemacht, die Kommunikation bzw. die Informationsweitergabe hat sich sehr verbessert. Auf der To-Do-Liste stehen jetzt Formate, die einen direkten Austausch zwischen Vorstand und Mitarbeitern bzw. Bereichsleitern und Mitarbeitern ermöglichen.
Und: Unsere Kommunikation soll insgesamt mutiger werden! Noch läuft viel versteckt bzw. über Umwege und Gerüchte. Die direkte Kommunikation, wie von Dr. Riegler gefordert, wird noch zu wenig genutzt.
Cyriax: Führungskräfte wünschen sich für die Weitergabe von Informationen auch mehr Hintergründe bzw. eine thematische Einordnung. Sie wollen wissen, welche Relevanz bzw. Konsequenz die Nachricht für ihre Mitarbeiter hat.
Kumeth: „Mehr Fleisch“ an einigen Informationen wäre hilfreich. Eine kurze Erläuterung kann helfen, die Information für die Mitarbeiter einzuordnen. Wenn beispielsweise eine Information aus dem Meldewesen oder dem Risk Office kommt, ist die Relevanz für Fachfremde nicht gleich ersichtlich.
Das Thema Leistungsdifferenzierung wurde ebenfalls in den Workshops diskutiert…
Blank:… und zwar sehr emotional! Es war sicherlich ein kultureller Schock nach der jahrelangen Gewöhnung. Über Jahre wurden Ziele kontinuierlich übererfüllt, und zwar quer durch das ganze Haus. Das das nicht die Realität darstellen kann, war eigentlich klar. Eine Differenzierung bei der Leistungsbeurteilung sollte schon bei der Definition der Ziele beginnen. Dies stringent in der Gesamtbank umzusetzen ist noch ein weiter Weg.
Kumeth: Bei der Leistungsbeurteilung auf ein normales, realistisches Maß zu kommen war nicht einfach. Und zwar für beide, Führungskraft und Mitarbeiter. Das auszuhalten war schwierig, aber im Laufe der Zeit pendelt es sich ein. Wichtig ist, auch kritische Punkte anzusprechen, und dabei objektiv und klar gegenüber den Mitarbeitern zu sein.
Kritische Punkte können zu konfliktreichen Gesprächen führen.
Blank: Kritische Themen können die persönlichen Entwicklung enorm weiterbringen. Sie müssen jedoch in einer wertschätzenden Form angesprochen werden.
Cyriax: Es reicht auch nicht, einmal im Jahr ein Zielgespräch zu führen. Für die persönliche Weiterentwicklung braucht es Zwischengespräche. Führungskräften und Mitarbeitern sollte bewusst sein, dass jede Kritik eine Chance zur Verbesserung ist. Sie ruft aber auch Emotionen hervor und kann Widerstände erzeugen.
Haben Führungskräfte die Möglichkeit, sich vor solchen Gesprächen coachen zu lassen?
Blank: Seminare und Trainings zum Thema Konfliktmanagement sind fester Bestandteil unserer Führungsausbildung.
Führungskräfte klagen mitunter über Zeitnot und erklären, dass Ihnen eigentlich gar keine Zeit zum führen bleibt.
Blank: Ja, Führungskräfte haben eine Mehrbelastung. Zusätzlich zum operativen Geschäft sollen sie ihre Mitarbeiter führen und selbst als Vorbild agieren. Das ist anstrengend. Daher müssen sich Führungskräfte regelmäßig hinterfragen, ob sie das auch leisten können und wollen.
In den fünf Workshops wurden auch die Werte der BayernLB diskutiert. Kam es hier zu Überraschungen?
Kumeth: Spannend war, dass in unserem Workshop die größten Differenzen beim Wert „Begeisterung“ aufkamen. Hier gab es sehr kontroverse Ansichten, wie der Wert mit Leben gefüllt werden kann.
Cyriax: Begeisterung muss authentisch sein. Dabei geht es vor allem um die innere Haltung und Einstellung. Es geht um Glaubwürdigkeit. Führungskräfte sollten sich in schwierigen Situationen fragen, was sie aktiv tun können, um Mitarbeiter zu motivieren.
Blank: Ob wir es nun Begeisterung oder Enthusiasmus nennen – Führungskräfte sollten eine positive Grundstimmung vorleben und ausstrahlen. Und nicht pessimistisch oder antriebslos sein.
Wie war das Feedback nach den Workshops?
Blank: Bislang sehr positiv.
Kumeth: Ich sehe den Workshop als „Initialzündung“, der dazu führt, dass die Führungskräfte sich intensiver zu den Führungsgrundsätzen austauschen. Themen bzw. die genutzten Instrumente wie Standortbestimmung oder Gesprächsleitfäden sind sehr praxisnah und lassen sich in der täglichen Arbeit gut einsetzen.
Cyriax: Über die Gespräche verändert sich das Bewusstsein der Führungskräfte. Es ist Energie entstanden, die zu Veränderungsbereitschaft führt. Dieses Momentum sollte genutzt werden.
Wie geht es jetzt weiter?
Blank: Die Führungsgrundsätze finden ihren Niederschlag sehr konkret in den Zielvereinbarungen. Der Dialog zwischen den Führungskräften muss eng und intensiv sein. Zudem führen wir in 2016 ein Manager-Feedback durch, d.h. wir befragen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ihrer Führungskraft. Ergänzend dazu wird eine Selbsteinschätzung der Führungskraft abgefragt. Und mit den Ergebnissen wird dann natürlich gearbeitet. Vor allem der Austausch der Führungskraft mit den Mitarbeitern wird im Nachgang des Feedbacks intensiviert.
Das Interview führte Franziska Röderstein, veröffentlicht in „Pluspunkt Online. Mitarbeitermagazin der BayernLB“