Kernaufgaben des Managements sind Kommunikation und Entscheiden: Zeitlich eng getaktet müssen sich verantwortliche Führungskräfte heute eine Meinung bilden, Wissen verarbeiten, Argumente abwägen und unter Zeitdruck und erheblichen Unsicherheitsfaktoren zielgerichtet entscheiden. Kein leichtes Unterfangen, denn oftmals sind Schlüsselfaktoren unbekannt und mehrere Alternativen erscheinen plausibel. Hinzu kommt, dass die Dynamik von Beziehungsgeflechten und menschliches Verhalten oft nicht vorhergesagt werden können. Viele Menschen tendieren in komplexen oder fremden Situationen zu Generalisierungen, Vereinfachung oder Vorurteilen. Bevor sie unbekanntes Terrain betreten und sich auf Neues einlassen, nutzen sie bekanntes Wissen und bestehende Erfahrungen.
Um dennoch gute Entscheidungen fällen zu können, müssen Führungskräfte zunächst ein konstruktives Umfeld schaffen. Sie müssen die richtigen Personen zusammenbringen und dafür sorgen, dass diese einen aktiven Beitrag leisten. Je heterogener der Kreis der Kollegen ist, vor allem hinsichtlich Alter, Abteilung, Erfahrung, Ausbildung, Kultur etc., desto größer die Perspektivenvielfalt im Entscheidungsprozess. Je unterschiedlicher die Meinungen, desto höher die Chance, ein Entscheidungsmuster zu durchbrechen.
Sind die für die Meinungsbildung relevanten Personen am Tisch, besteht die nächste Herausforderung darin, den Kern des Problems in all seinen Facetten zu erfassen und sprachlich eindeutig zu formulieren. Viele Entscheidungsprozesse scheitern an diesem Punkt. Denn jede Wahrnehmung ist subjektiv, jeder Mensch hört meist nur das, was er ohnehin schon kennt und konstruiert eine „gefilterte Meinung“.
Das wirkungsvollste Instrument, um dem Kern eines Problems näher zu kommen, ist die Warum-Frage. Im Entscheidungsprozess empfiehlt sich die „5-Mal-Warum-Technik“. Dafür wird das Problem immer wieder mit „Warum“ hinterfragt, bis man zu dessen Kern gelangt. Ein Beispiel: „Wir haben zunehmend weniger Hotelbuchungen, obwohl die Touristenanzahl der Stadt nicht eingebrochen ist“.
- Warum? Weil viele Kunden auf alternative Angebote, wie Airbnb ausweichen?
- Warum? Weil sie dort günstigere Angebote finden. Weil Pauschalangebote gerade für jüngere Touristen nicht mehr reizvoll sind. Weil viele Touristen eine Stadt authentisch erleben wollen.
- Warum? Weil die Preismodelle viel flexibler sind.
- Warum? Weil sie selbst entscheiden wollen, wie sie ihren Tag gestalten und was sie dafür benötigen.
Die Warum-Fragen werden so lange gestellt, bis man zum „Pudels Kern“ des Problems gelangt und dazu entscheidungsfähige Lösungsalternativen entwickeln kann.
Ein effektives und effizientes Entscheidungsverfahren ist die Konsent-Methode (nicht Konsens). Konsent heißt nicht „Ja, ich stimme zu!“, sondern „Ich habe keinen schwerwiegenden Einwand“. Diskutiert wird ausschließlich über gewichtige Bedenken gegen eine Entscheidungsvorlage. Sind alle Zweifel ausgeräumt, gilt der Vorschlag automatisch als angenommen. Beispiel: Der Kollege eines Hotelunternehmens schlägt vor: „Wir bieten in Zukunft auch Privatwohnungen oder -zimmer an. Der Wohnungsinhaber stellt sein Heim zeitweise zur Verfügung, wir übernehmen administrative Aufgaben und Services, der Kunde profitiert von attraktiven Preisen.“ Im Entscheidungsprozess stellt jeder Teilnehmer ausschließlich Verständnisfragen und reagiert auf den Vorschlag. Eine Diskussion ist an diesem Punkt noch nicht erlaubt. Mit Hilfe der Reaktionen kann der Vorschlagende seine Idee anpassen und verbessern. Erst dann äußern die Teilnehmer ihre Einwände, die ein Diskussionsmoderator auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Valide Einwände müssen erläutert, aufgelöst und in den Vorschlag integriert werden bis keine Einwände – auch für den abgeänderten Vorschlag – mehr bestehen. Auf diese Weise gelangt man sowohl zu einer schnellen, als auch zu einer allgemein akzeptierten Entscheidung, weil sie letztlich alle relevanten Personen partizipierend mitentwickelt haben.
Ein weiteres, ähnliches Verfahren ist der sogenannte konsultative Einzelentscheid. Im Detail gibt es davon verschiedene Ausprägungen, denen gemeinsam ist, (a) dass eine Person vom Team ausgewählt wird und umfassend und verbindlich für alle entscheiden kann und (b) zuvor mit relevanten Stakeholdern sprechen muss, also repräsentative Betroffene sowie Experten konsultiert haben muss, um deren Einwände, Fragen, Ideen und Ratschläge zu berücksichtigen.