Pull & Push-Mechanismen kennt man aus vielen Lebens- und Arbeitsbereichen. Vereinfacht gesagt meint „Push“, dass etwas von außen nach innen gedrückt wird. Im Gegensatz dazu zieht beim „Pull“ das Innere das Äußere an. Ein Beispiel: Neue Produkte können erfunden und hergestellt werden, ohne dass der Markt sie nachgefragt hat. Marketing hat dann die Aufgabe, diese Produkte in den Markt zu „pushen“, indem verkaufsfördernde Werbemaßnahmen im Nachhinein ein Bedürfnis beim Kunden herstellen. Mit der Pull-Strategie hingegen wird bereits im ersten Schritt auf die Konsumenten-Bedürfnisse geschaut, die noch unbefriedigt sind. Dieser Ansatz erwächst also eher aus der Frage heraus, wie das Leben der Konsumenten verbessert oder vereinfacht werden kann. Die Antwort darauf ist dann ein neues Produkt, das dieses Bedürfnis erfüllen soll.
In der Zusammenarbeit, in Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern sowie in der Art der Arbeitserledigung sind Push-Mechanismen oft noch die Regel. In vielen Unternehmen entscheiden Führungskräfte, welche Aufgaben die einzelnen Teammitglieder in welcher Zeit übernehmen sollen. Sie sagen an, wer zusammenarbeitet und auf welche Art und Weise. Mitarbeiter übernehmen Teil-Aufgaben und warten anschließend auf weitere Anweisungen. Diese Formen der Zusammenarbeit sind jedoch nicht nur ineffizient, sondern auch demotivierend.
In Pull-Systemen, wie z.B. bei Scrum oder Kanban, suchen sich die Mitarbeiter selbst Aufgaben. Sie entscheiden nach ihren Fähigkeiten und Kompetenzen sowie nach Lust und Zeit. Dadurch können sie ihre Expertise am sinnvollsten einbringen, die Aufgabe mit Spaß erledigen und in einer realistischen Zeiteinheit absolvieren. Denn fest steht: Mitarbeiter können in der Regel selbst am besten einschätzen, wie viel Zeit sie für eine bestimmte Aufgabe benötigen.
Wurden die zu lösenden Aufgaben auf Organisations- und/oder Teamebene gemeinsam priorisiert, ist zudem sichergestellt, dass die wichtigsten Aufgaben zuerst erledigt werden und es keine maßgebliche Störung durch Ausfälle (z.B. Krankheit) gibt, da Mitarbeiter im Bilde darüber sind, an welchen Aufgaben derzeit gearbeitet wird und was als nächstes ansteht. Das bedeutet, dass auch deutlicher ersichtlich für alle wird, wann ein Projekt abgeschlossen ist. Gleichzeitig kämpft so nicht jeder für sich, sondern alle engagieren sich gemeinsam für das Produkt.
Dieses Prinzip lässt sich einfach anhand einer Supermarkt-Schlange erklären. In deutschen Supermärkten ist es die Regel, sich an eine selbst ausgewählte Kasse anzustellen, um die Produkte zu bezahlen. Wie lange man dann wartet, unterliegt quasi dem Glück oder Pech, indem es von der Geschwindigkeit des Kassierers, den vor einem stehenden Kunden, von Zwischenfällen etc. abhängt. Gibt es hingegen lediglich eine Schlange für alle, von der man immer zur nächsten freien Kasse geht, ist automatisch derjenige als nächstes dran, der am längsten gewartet hat. Es ist also das fairste Prinzip, welches unabhängig von äußeren Ereignissen ist.
Auch mit Blick auf Kunden-Dienstleister-Beziehungen ist das Pull-Prinzip sinnvoll, denn es stellt sicher, dass dringlichste Probleme als erstes gelöst werden – vorausgesetzt sie wurden richtig priorisiert.
Autorin: Kristin Hollmann
https://blogs.msdn.microsoft.com/elee/2010/01/21/push-vs-pull-in-scrum/