Auf die Erosion ihres Geschäftsmodells reagieren die Banken mit Aktionismus – auch die Kommunikatoren. Ein besserer Beitrag zur Krisenbewältigung wäre es, wenn sie ihre Kompetenzen zur Mitarbeitermotivation einsetzten.
Kolumne von Dr. Bernhard Blohm
2008, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers, dachten die Banker, schlimmer könne es nicht kommen. Panik herrschte allerorten, und jeder misstraute jedem. Doch es kam schlimmer. Heute, acht Jahre später, fehlen den Banken nicht nur Geld und Kapital, sondern auch ein tragfähiges Geschäftsmodell. Verantwortlich für Letzteres sind vor allem die stürmisch voranschreitende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, eine ausufernde Regulierung des Bankgeschäfts und die irre Zinsvernichtungspolitik der Europäischen Notenbank.
Diese drei Entwicklungen setzen den Kreditinstituten – vor allem auf längere Sicht – noch viel mehr zu als damals die implodierenden US-Immobilienkredite sowie die Erosion der auf diesen Krediten basierenden Wertpapiere. Doch zündende Ideen, wie man aus dieser ungemütlichen Situation wieder herauskommt, fallen nicht vom Himmel. Sie müssen hart erarbeitet werden.
Dazu scheint den Akteuren in der Finanzwelt die Zeit zu fehlen. Sie rackern sich ab, getrieben von einem „Rette sich, wer kann“ und in einem bisher unbekannten Dauerstress. Das ist der vierte und beileibe nicht unmaßgebliche Grund für die aktuellen Schwierigkeiten der Branche.
Bemerkenswert ist, wie stark auch die Kommunikatoren in den Instituten von dieser wahnsinnigen Betriebsamkeit erfasst sind. Sie rennen pausenlos von Meeting zu Meeting, immer mit der Feuerpatsche in der Hand, um allerorten Brandherde zu löschen. Zeit zum Nachdenken bleibt da offensichtlich nicht.
Dabei könnten gerade die Kommunikatoren den wohl wertvollsten Beitrag zum Weg aus der Krise leisten. Sie kennen das Handwerkszeug, um Mitarbeiter zu motivieren, ihr Engagement für neue Ideen zu wecken und um deren reichen Erfahrungsschatz zur Weiterentwicklung eines Geschäftsmodells zu heben. Doch um dies einmal gründlich zu durchdenken und auszuarbeiten, dafür reicht die Zeit nicht.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass der Vorstand einer Bank von all dem nichts hören will, wenn ihm zum Beispiel ein kluger Vorschlag zur Beteiligung der Mitarbeiter an der Entwicklung eines tragfähigen Geschäftsmodells vorgelegt wird. Das ist einerseits schade, andererseits kurzsichtig – und in jedem Falle eine vergebene Chance.
Autor: Bernhard Blohm arbeitet als Berater in Hamburg. Der frühere Vize-Chef von Welt und Welt am Sonntag war unter anderem Chefvolkswirt der HSH Nordbank, Leiter Unternehmenskommunikation der Dresdner Bank und Mitgründer der Investmentbank Equinet Bank AG.
Erschienen in PR Magazin, 10/2016