Weltweit über 400.000 Marken versuchen heute Kunden bei ihren Kaufentscheidungen eine klare Orientierung zu vermitteln. Unbestritten, Konsumgütermarken wie Coca Cola und Nokia oder Marken für Investitionsgüter wie Mercedes-Benz vermitteln ein klares Vorstellungsbild, sind global bekannt, werden wertgeschätzt und gekauft. Doch wie steht es um die Relevanz, den Nutzen und die Wirkung von Dienstleistungsmarken wie Banken?
Von Hans-Ulrich Cyriax, Dr. Klaus Schmidt, erschienen in Frankfurter Allgemeine Zeitung, April 2004
Eine von dem Magazin „The Banker“ und Henrion Ludlow Schmidt durchgeführte Studie, bei der Manager der wichtigsten Geldhäuser in 26 Ländern Westeuropas befragt wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass Retailbanken zwar substantiell in Werbung investieren, im Bewusstsein ihrer Kunden jedoch kein eigenständiges und differenzierendes Profil entsteht. Mit dem Werbebudget von Financial Services Dienstleistern – im Jahr 2002 waren es hierzulande knapp 430 Mio € – wurde zwar erreicht, dass 90 Prozent der Deutschen die Marken der sechs größten Banken kennen. Doch im Vergleich zu anderen Branchen, wie beispielsweise der Automobil- oder Kosmetikindustrie, konnten sie deren Images nicht klar differenzieren.
Die diffuse Kundenwahrnehmung steht im Widerspruch zum bankinternen Bewusstsein für die Marke: Für 96 Prozent der befragen Banker ist die Markenreputation der Schlüssel für den Aufbau von Kundenloyalität. Trotzdem lässt sich nicht verleugnen: Bankprodukte gelten immer noch als austauschbar und komplex. Mangelhaft sind ebenfalls die Beratungsleistungen. Bei einer Umfrage der Zeitschrift FINANZtest im Jahr 2000 – also nach dem Börsenchrash – schätzten 56 Prozent der Befragen die Qualität ihrer Bankberatung als ‚ausreichend´ und nur 8 Prozent als ‚gut’ ein.
Kundenbedürfnisse im Kontext der Markenpositionierung
Wie aber entsteht Markenreputation und letztlich Markenzufriedenheit im Bewusstsein der Kunden? Die alleinige Investition in Werbung und Kommunikation greift jedenfalls zu kurz. Vielmehr bedarf es eines interdisziplinären, ganzheitlichen und darüber hinaus pragmatischen Markenmanagements, dass neben den Produkten und Märkten, die Kommunikation und das Design auch die Kultur und das Verhalten der Mitarbeiter als Identitätsdimensionen integriert. Die Positionierung – verstanden als Handlungsrahmen im Kontext von Zielen und Leistungen des Unternehmens – sollte bei Banken neben den funktionalen Eigenschaften auch auf fünf wesentliche, strategische Markenbenefits fokussieren: „Best advise“. Da Kunden heute mit zunehmend homogenen Produktangeboten bei gleichzeitig ansteigender Komplexität konfrontiert sind, werden Leistungsmerkmale wie Beratungs- und Betreuungsqualität zu kaufentscheidenden Faktoren. Die Beziehung des Beraters zu seinen Kunden und die erlebbare Kombination aus Fach-, Management-, soziale- und emotionale Kompetenz werden zu Treibern der Markenwahrnehmung. Diese Qualifikationen zu entwickeln, sollte Teil eines „Brand-Engagement-Prozesses“ sein, bei dem Mitarbeiter über operative Standards wie Qualitäts, Kommunikations- und Führungsleitlinien so befähigt werden, dass sie im Sinne der erwünschten Markenwahrnehmung handeln können. „Best product“. Es empfiehlt sich, die Anzahl und Komplexität der Produkte deutlich zu verringern sowie deren Vermarktung mehr als bisher auf die Aspekte „Performance“ und/oder „Sicherheit“ zu reflektieren. „Best price“. Kunden sind heute gut informiert, verlangen hohe Qualität bei adäquaten Preisen und werden immer anspruchsvoller. Doch „Smart Shopper“ sind zwar preisorientiert, jedoch durchaus bereit für einen echten Leistungsvorteil auch einen höheren Preis zu zahlen. „Convenience“. Selbstverständlich ist heute die freie Auswahl des Zugangskanals zur Bank über Filiale, Telefon oder Internet. Convenience bedeutet für Banker aber auch, eine einfache und verständliche Sprache zu sprechen nach dem Motto: Die Bank versteht den Kunden – der Kunde versteht auch die Bank. In diesem Zusammenhang steht auch der Aspekt „Closeness to the people“. Sparkassen und Genossenschaftsbanken trumpfen durch räumliche Nähe, Präsenz und Zugänglichkeit. Sie versuchen ihre Zielgruppen dort abzuholen, wo sie im Leben stehen. Entscheidend erscheint hier die ausgewogene Balance zwischen standardisierten Produkten und individuellem Service.
Marke muss relevant für den Kunden sein
Der Schlüssel für den Erfolg von Banken liegt in der Schaffung von Kundenrelevanz über die Marke. Gleich ob für Konsumgüter oder Dienstleistungen – Marken sorgen für Unterscheidbarkeit, bieten Orientierung und Identifikation. Sie garantieren gleich bleibende Qualität und Verfügbarkeit. Markenmanagement sollte auf die Vermittlung von Bekanntheit und Reputation zielen. Es sollte Kaufinteresse fördern, Kaufabschlüsse forcieren und damit die Performance des Unternehmens treiben. Nicht zuletzt sollte die Marke immer auch im Dienst der Kundenzufriedenheit stehen.