Ameisenkolonien sind vor über 100 Millionen Jahren entstanden und können heute unter unterschiedlichsten Bedingungen erfolgreich überleben. Ameisenforscherin Deborah Gordon untersucht seit Jahrzehnten die Erfolgsfaktoren des Zusammenlebens in Ameisen-Kolonien und glaubt, dass Organisationen davon einiges lernen könnten.
Gerade in Zeiten von anti-hierarchischen Organisationen und selbstbestimmtem Arbeiten lohnt es sich, auf erfolgreiche Beispiele zu schauen. Ameisen-Kolonien besitzen trotz ihres Umfangs keinerlei zentrale Kontrolleinheit. Auch die Ameisenkönigin macht wie alle anderen Ameisen lediglich ihren Job. Es gibt kein Management, das heißt, dass keine Ameise einer anderen Ameise sagt, was zu tun ist. Neben der Königin gibt es z.B. Ameisen, die für die Nestpflege verantwortlich sind, andere suchen Futter und wiederum andere halten Patrouille. 75% der Ameisen bleiben im Nest, wovon bemerkenswerte 50% gar nichts machen – d.h. sich ausruhen – und etwa 25% außerhalb des Nests arbeiten. Ändern sich die externen Bedingungen, wie beispielsweise ein Überfluss an Futter oder ein besonders heißer Tag, so passen die Ameisen ihre Tätigkeit an. Wurde eine reichhaltige Futterquelle aufgetan, werden die Ameisen von anderen Jobs „abgezogen“. Wird noch mehr Hilfe benötigt, kommen auch Ameisen aus dem Nest dazu. Sind die Bedingungen gefährlich, wie ein heißer Tag in der Wüste, verlassen weniger Ameisen das Nest, um Wasser zu sparen.
Das Geheimnis der scheinbar perfekten Organisation ist denkbar einfach: Kommunikation. Auf dem Weg von draußen nach drinnen und innerhalb des Nests kommunizieren sämtliche Ameisen miteinander. Durch kurzes Berühren der Antennen nehmen sie die Gerüche der anderen wahr und können so einordnen, welchen Job diese derzeit ausüben. Durch die Frequenz, mit der sie Ameisen mit anderen Jobs treffen, wissen sie, an welcher Stelle „Personal“ fehlt. Abgesonderte Sekrete verraten ihnen zum einen, wenn ein Kollege in Gefahr und zum anderen, wo eine Futterquelle ist. Je älter die Kolonie wird, das heißt je mehr Mitglieder sie hat, desto reibungsloser klappt dieses Prinzip.
Durch die ständige Kommunikation entsteht ein riesiges Netzwerk, in dem jede Ameise praktisch mit jeder anderen verbunden ist. Die Kommunikation über veränderte Rahmenbedingungen und das daraus abgeleitete Anpassen der Tätigkeit funktioniert dadurch rasend schnell. Schwarmintelligenz wird genutzt, um agil zusammenzuarbeiten und gleichzeitig „Betriebskosten“ zu sparen. Das heißt es wird erst gehandelt, wenn es Sinn ergibt. Alle Kräfte, die nicht benötigt werden, ruhen sich aus, um einsatzfähig zu sein, wenn die Bedingungen es erfordern.
Das gemeinsame Ziel aller Ameisen – die Kolonie und deren Nachfolger am Leben zu halten – ist bei dieser Organisationsform essentiell, damit alle Ameisen die richtige Entscheidung treffen können.
Die perfekte Organisation braucht also:
- Eine gutes Netzwerk: Mitglieder, die viel und über alle relevanten Fakten miteinander kommunizieren
- Kommunikationstools: Geeignete Kanäle und Codes, die jedem verständlich sind, um sich mitzuteilen und auszutauschen
- Flexibilität: Mitglieder, die erkennen, wenn Rahmenbedingungen sich ändern und dort anpacken, wo gerade Hilfe benötigt wird und auch nur dann anpacken (Ruhezeiten zum Denken nutzen)
- Gemeinsamen Sinn: Einen Sinn, auf dessen Grundlage sämtliches Handeln basiert
Autorin: Kristin Hollmann
Ted-Talks zu Ameisen-Kolonien:
https://www.ted.com/talks/deborah_gordon_digs_ants
https://www.ted.com/talks/deborah_gordon_what_ants_teach_us_about_the_brain_cancer_and_the_internet